Demokratie bewahren und resilient machen

Häufig wird von „Demokratie“ gesprochen und kaum wird hinterfragt, was dies eigentlich bedeutet. Dabei lohnt es sich, hier einmal näher hinzusehen. Am 18.11.2025 gelang dies durch unsere Referentin der ersten Hagenmüllervorlesung in diesem Schuljahr. Und wenn jemand fundiert über „Demokratie“ sprechen kann, dann mit Sicherheit Sieglinde Rosenberger, eine renommierte österreichische Politikwissenschaftlerin.

Rosenberger stellt zu Beginn in den Raum, dass es durchaus notwendig sei, Demokratie stets weiterzuentwickeln, auszubauen und – um diese zukunftsfit zu halten – immer wieder aufs Neue zu hinterfragen und immer wieder dafür zu sorgen, dass demokratische Richtlinien alle gesellschaftlichen Bereiche durchfluten sollten. Besonders treffend zitiert in diesem Kontext Sieglinde Rosenberger den deutsch-französischen Philosophen (Sohn von Holocaust-Überlebenden) Michel Friedman mit dessen Worten: „Demokratie ist, wenn man sich überhaupt die Frage stellen kann, wie man leben möchte.“ Und dies ist ein hohes Privileg, leben doch nur etwa 28% aller Menschen derzeit in einer halbwegs funktionierenden Demokratie.

Neben der Weiterentwicklung erinnert Rosenberger aber auch an die Stabilisierung, Wiederherstellung und natürlich auch an die Verteidigung demokratischer Werte. Denn Kriterien, welche letztlich für eine Demokratie unumgänglich sind, lauten unter anderem: Meinungsfreiheit, Gerichtsbarkeit, unabhängige Medien, Wahlrecht und Grundrecht. Doch die gegenwärtige Realität erschüttert, ist global eher ein einheitlicher Trend zur Autokratisierung, also einer Destabilisierung einer Demokratie, festzustellen. Auch die Entwicklungen in den USA unter Trump sind hier ein Beweis dafür. Rosenberger macht anhand diverser Statistiken deutlich, dass etwa 72% aller Menschen bedauerlicherweise in einer Autokratie leben.

Spannend ist auch der Blick auf die derzeitige Dynamik der geopolitischen Lage. Laut Sieglinde Rosenberger befinden sich immerhin 40% der Weltbevölkerung in sich autokratisierenden Ländern, also in Staatsformen, welche sich tendenziell von ihrer ursprünglichen demokratischen Regierungsform wegbewegen. Hierbei muss man aus österreichischer Sicht nicht weit blicken, sind politische Entwicklungen dieser Art bereits in Nachbarländern wie der Slowakei beobachtbar. Weiters befinden sich aktuell nur etwa 6% der Weltbevölkerung in Ländern, welche sich demokratisieren.

Einen besonderen Augenmerk legt die Referentin in weiterer Folge auf das Phänomen der sogenannten „Zerstörungslust“ staatstragender Personen und Parteien, welche etablierte Demokratien unter Druck geraten lassen und das Vertrauen in die Demokratie brüchig machen. Diese Lust an der Zerstörung macht sich unter anderem durch Gewaltbereitschaft, gehässige Sprache, Abwertung oder Diffamierung, Wissenschaftsignoranz, politischen oder religiösen Nationalismus bemerkbar. Hierbei ist es folgerichtig nicht verwunderlich, dass sich in vielen Parteien der äußeren politischen Ränder Themen wie Ausgrenzung, Schuldzuweisung oder Opfernarrative breitmachen. Das daraus resultierende Dilemma, insbesondere in instabilen Zeiten, ist die Schwächung der sogenannten Zentrumsparteien.

Sieglinde Rosenberger versucht zum Schluss noch, Antworten bzw. Hinweise zu geben, wie allerdings Demokratie verteidigt werden kann/könnte. Hierbei fallen Schlagwörter wie Regulierungen durch Gesetze (Hass-im-Netz-Bekämpfung, Milderung von Tech-Unternehmen uvm.). Auch kann es ökonomische Antworten im Bereich des Sozialstaates geben (Stichwort: Umverteilung). Zuletzt sind natürlich auch politische Initiativen und Bereiche gefragt, wo es in erster Linie darum gehen sollte, Teilhabe zu stärken (Stichwort: Bürgerinitiativen).

Zum Abschluss der sehr informativen Vorlesung zieht Sieglinde Rosenberger das wichtige Fazit, dass „Demokratie“ kein Zustand ist, sondern vielmehr als ein Prozess zu verstehen ist, an dem behutsam durch uns alle gearbeitet werden muss.

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